Abseits in Afrika

Kommentar von Wolfgang Götze

Das Bild Afrikas ist in unseren Medien weitgehend von negativen Meldungen bestimmt: durch Klimaveränderungen ausgelöste Dürreperioden, Trinkwassermangel, Hungersnöte in immer größeren Ausmaßen. Befeuert wird diese Situation durch instabile politische Verhältnisse, bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen, Plünderung der Staatsfinanzen durch autokratische Regierungen.

Aber es gibt auch Hoffnungsvolles aus Afrika zu vermelden. Als Beispiel kann das ostafrikanische Uganda dienen. Laut der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ; 12.2021) leben dort rund 47 Millionen Menschen, die Bevölkerungswachstumsrate liegt bei 3,3 Prozent. Hinzu kommen 1,4 Millionen Flüchtlinge aus benachbarten Krisenregionen. Für 2050 wird mit 100 Millionen Einwohnern gerechnet. Die Armutsquote lag 2016 bei 41 Prozent. Trotz Fortschritten zählt Uganda noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt.

Ökologisch ist Uganda durch eine – noch – hohe Biodiversität, fruchtbare vulkanische Böden, Süßwasserseen mit Bewässerungspotenzial und zwei Regenzeiten pro Jahr geprägt. Rund 80 Prozent der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft.

Vor diesen Strukturdaten und Zukunftsprognosen sah sich die ugandische Regierung 2013 vor die Notwendigkeit einer umfassenden nationalen agrarökologischen Strategie gestellt. Übergeordnete Ziele der Strategie sind Hungerbekämpfung, Ernährungssicherheit, höherwertige Ernährung und steigende Einkommen in der Agrarwirtschaft durch koordinierte Interventionen. Bei der Fortschreibung der Strategie stehen die Überführung von einer Selbstversorger- in eine kommerzielle Agrarwirtschaft, die Schaffung von Arbeitsplätzen und höhere Haushaltseinkommen im Vordergrund. Ergänzt wird die Strategie durch Begleitprogramme zur Entwicklung einer klimaintelligenten Landwirtschaft, einer nationalen Sozialversicherungsstrategie sowie einer nationalen Gesundheitspolitik.

Insgesamt könnte der eingeschlagene Weg auch für Deutschland interessant sein, auch weil die Bundesrepublik die Entwicklung des Landes fördert. Trotz erheblicher Unterschiede stehen wir in Deutschland vor teilweise ähnlichen Herausforderungen. Der Klimawandel bewirkt schon jetzt regionalen Wassermangel, die Flächenkonkurrenz verstärkt sich, die Biodiversität besonders im Agrarbereich nimmt drastisch ab, die Fehlernährung überstrapaziert die Gesundheitssysteme, die Entwicklung einer klimaintelligenten Agrarwirtschaft steckt allenfalls in den Kinderschuhen. Wir sehen eine zersplitterte Politiklandschaft, in der Ressort-Egoismen im Vordergrund stehen.

Wie in Uganda müsste eine aufeinander abgestimmte Vorgehensweise bei der Suche nach koordinierten Problemlösungen zwischen verschiedensten Politikbereichen im Vordergrund stehen. Es wäre höchste Zeit und eine dankbare Initiative, wenn unser aktueller Agrarminister eine deutsche Agrarökologische Strategie erarbeiten würde, statt sich in Gedanken über weitere Spezial-Labels zu verlieren.

Noch eine Randnotiz zur Zusammenarbeit der politischen Ebene mit der Nicht-Regierungs-Organisation „Slow Food International“. Dessen neuer Präsident, der Ugander Edward Mukiibi, hat als Berater und Akteur ein offenes Ohr bei Regierungspräsident Yoveri Museveni gefunden, ein leidenschaftlicher Landwirt und Besitzer der größten Longhorn-Rinderherde Ostafrikas. Ursprünglich ein Verfechter der industriellen Agrarwirtschaft, setzt er sich inzwischen für die Agrarbiodiversität, verstärkte Nutzung heimischer Sorten und eine ökologische angepasste Landwirtschaft ohne Agrarchemie und Gentechnik ein – eine fruchtbare Partnerschaft von politischer Ebene und NGOs, die auch in Deutschland forciert angestrebt werden sollte.