Als politischer Sprecher des FEINHEIMISCH-Vorstandes meldet sich Wolfgang Götze wieder zu einem brisanten Thema zu Wort:
Nicht nur am Black Friday sieht man sie. Jederzeit sind sie unterwegs. Ruhelos, rastlos durchstreifen sie höchst lebendig das Internet, Shopping Malls und Konsumtempel: die Schnäppchen-Zombies. Ihre Beute sind Preisetiketten mit den magischen Prozentzeichen. Dann wird unbarmherzig zugeschlagen, was das Portemonnaie hergibt – oder auch mehr. Platzende Altkleidersäcke, Elektroschrottberge und Plastik-Meere säumen ihren Weg.
Auch vor dem Lebensmittelhandel oder Restaurants wird nicht Halt gemacht. Je billiger das Fleisch, Gemüse oder Milchprodukt, desto mehr landet im Einkaufswagen, obwohl die Restmülltonne schon überquillt. Restaurants mit „All you can eat“-Angeboten oder Mini-Preisen unter 10 Euro haben unwiderstehliche Anziehungskraft. Touristische „All inclusive“-Offerten (14 Tage mit Flug-Anreise) unter 500 Euro schon gar nicht.
Bei der Niedrigstpreis-Jagd schauen die Schnäppchen-Zombies weder rechts noch links. Qualität bei Lebensmitteln oder bei Produkten des alltäglichen Bedarfs wird nicht hinterfragt. Dabei wäre gerade bei Niedrigstpreis-Angeboten besondere Aufmerksamkeit geboten. Sie sind ein Tummelfeld für verwirrende Tricksereien. Da wird mit billigen Füll- und Ersatzstoffen gearbeitet. So werden Quantitäten vorgegaukelt, die häufig dem Preisvergleich mit dem „Normalpreis“ nicht standhalten. Apropos „Quantität“: Beliebt ist auch die Einlagerung von preisgünstigem Wasser. Das bringt ordentlich was auf die Waage – mit dem Nachteil, dass die geschmackliche Qualität verwässert wird. Sogar mit Luft wird der Traum vom Niedrigpreis erfüllt: aufgeschäumte Eiscreme aus der Literpackung oder Sellerie mit schaumigem Inneren.
Aber da sind auch die dienstbaren Geister hinter den Kulissen. Jeder wünscht für sich selbst ein möglichst hohes, steigendes Gehalt bei gleichzeitig sozialverträglichen und möglichst kurzen Arbeitszeiten. Für Schnäppchen-Zombies gilt dies jedoch nicht für Mitarbeiter in Lebensmittelhandel und -produktion. Jeder Betriebsleiter rechnet tunlichst Lohnkosten in die Preiskalkulation ein. Niedrige Preise bedeuten, diese Kostenstelle herunterzuschrauben – zu Lasten des Personals und der Arbeitsbedingungen!
Aber der Fluch reicht noch weiter bis in die landwirtschaftliche Produktion. Insbesondere die Einkäufer der nur noch wenigen, aber umso mächtigeren Konzerne des Lebensmittelhandels unterbreiten kaum verhandelbare Preisangebote, die sich an Niedrigpreisen in den Läden orientieren. Die Frage nach den Herstellungskosten für den Produzenten stellt sich nur selten. Die Existenzfähigkeit der Produktionsbetriebe ist schnell in Gefahr, wenn diese ihre Produkte gerade am oder sogar unter dem Herstellungspreis verkaufen müssen.
In der personalintensiven Gastronomie sieht es nicht viel besser aus. Ein Schnitzel soll 10 Euro kosten? Im Laden bezahle ich aber nur 80 Cent! Der zurückhaltende Gastgeber könnte sich jetzt denken: Dann bereite Dir in einem Akt der Selbstausbeutung Dein 80 Cent Schnitzel zu Hause zu. Aber reinige vorher Deine Wohnung, verschaffe Dir ein nettes Esszimmerambiente, spanne Deine Familie für Einkauf und Küchenarbeit ein. Ein Familienmitglied übernimmt die Rolle einer Servicekraft, nach dem Essen wird aufgeräumt und abgewaschen. Aber will das der Kunde wirklich?
Verbraucher-Hinweis: Dieser Kommentar ist kein Appell, nur noch hochpreisige Produkte zu kaufen. Vielmehr ist er Aufforderung, Preise kritische einzuordnen und die hinter den Produktqualitäten stehenden Arbeitsleistungen wertzuschätzen.