Sand im Getriebe
Die neue Bundesregierung hat engagiert ihre Arbeit aufgenommen. Die frisch ernannten Ministerinnen und Minister präsentieren im engen Takt ihre Ziele für die kommende Legislaturperiode. Verständlicherweise wird erst einmal viel versprochen, zugesagt und angekündigt. Allen voran ist da der neue Klimaschutzminister, der Wohlstand für Alle durch moderne Klimaschutztechnologien vorhersagt. Dazu benötigt er nur zwei Prozent der Fläche Deutschlands. Ehrlicherweise weist er darauf hin, dass die notwendige Transmission in der Energiewirtschaft auch mit schmerzhaften Eingriffen für alle verbunden sein wird.
Die neue Wohnungsbauministerin hat sich den Neubau von 400.000 Wohnungen pro Jahr zum Ziel gesetzt – begrüßenswert! Allerdings hat sie nicht erwähnt, wie hoch der Flächenbedarf ist und woher die Flächen in unserem dicht besiedelten, intensiv genutzten Land kommen sollen. Da bleibt offensichtlich nur der Zugriff auf Agrarflächen (siehe oben).
Damit betritt der neue Landwirtschaftsminister die Bühne. Auch seine Ziele haben Auswirkungen auf die Fläche. Für die Umsetzung von mehr Tierwohl und artgerechtere Haltung braucht es mehr Platz, ebenso wie – aufgrund geringerer Hektarerträge – die angestrebte ökologische Bewirtschaftung auf 30 Prozent der Agrarfläche. All dies sind richtige Vorhaben. Doch leider fehlen darauf noch die umfassenden Antworten der Politiker, wie dies umzusetzen wäre – oder es gibt bei erkennbar werdenden Problemen nur unüberlegt kühle Worte! Ein Beispiel liefert der Landwirtschaftsminister, der zusätzlich „Ramschpreisen für Lebensmittel“ ein Ende setzen will und mehr Einkommen für Tätige in der Landwirtschaft fordert.
Schon jetzt übertrifft die Preissteigerungsrate bei Lebensmitteln die Inflationsrate. Die Erzeugerpreise zeigen einen deutlichen Aufwärtstrend. Die Erzeuger wiederum berufen sich auf teilweise exorbitant steigende Energie- und Betriebskosten. In den Niederlanden machen aktuell die Preise für Strom und Gas ein Drittel der Betriebskosten aus. Einige Betriebe drosseln jetzt ihre Pflanzenproduktion. Auf die Frage, wie Menschen mit geringem und zunehmend auch mittleren Einkommen die steigenden Preise zahlen sollen, weist der Agrarpolitiker den „Schwarzen Peter“ einfach der Sozialpolitik zu – einem Politikzweig, der direkt keine Einnahmen generiert. Bezahlen soll eben der Steuerzahler, der bereits die laufenden Agrarsubventionen trägt.
Die Folgen der avisierten Wege werden noch weitere Wirtschaftszweige zu spüren bekommen oder bemerken sie bereits wie beispielsweise Hotellerie, Gastronomie, Lebensmittelhandwerk sowie klein- und mittelständische Produzenten. Auch sie stehen zwangsläufig vor notwendigen Preiserhöhungen um nicht vom Markt zu verschwinden. Ein Verlust mit weitreichenden Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die Beispiele zeigen, es ist noch viel Sand im Getriebe der Regierungsarbeit. Er muss prioritär und schnell beseitigt werden. Dringender als je zuvor müssen bei den sich rasant entwickelnden Problemen in den jeweiligen Ministerien die Auswirkungen des Ressorthandels im Vorfeld benannt werden. Dabei wird es darauf ankommen, Belange anderer Politikbereiche zu bedenken und die Auswirkungen der Zielsetzungen ressortübergreifend zu diskutieren. Geübt werden kann das Verfahren trefflich an den Plänen des Klimaschutzministers zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und an der Überarbeitung des Baurechts.